Ostern: Leiden, Erholung und Weiterleben
Ich mag die Karwoche und vor allem das (gute) Ende, in Form von Ostern. Ostern im spirituellen Sinne ist schwer oder nur in Aspekten zu verstehen und darum geht es mir hier auch nicht.
Es gibt auch im ganz "normalen irdischen Leben" diesen Ablauf von Krisen, Leiden und wieder neue-Hoffnung-Schöpfen, in ganz unterschiedlichen Dimensionen. Im Kleinen wiederholt es sich regelmäßig, aber auch vor größerem oder gar großem Leid ist (leider) niemand geschützt. Und dennoch stehen auch nach großen persönlichen Schwierigkeiten Menschen wieder auf, leben weiter und finden sich oft eine Qualität darin, selbst wenn das Leben ganz anders ist als zuvor.
Karfreitag: Leiden
Die Größe ihres Leidens beschäftigt Menschen immer wieder. Dass es anderen viel schlechter geht, führt dazu, dass sie meinen, dass sie selbst nicht leiden dürfen und sich dafür verurteilen, dass sie es dennoch tun. Der Ansatz überzeugt mich nicht, denn auf diese Weise dürfte fast niemand leiden, denn natürlich gibt es immer jemanden, den es schlimmer erwischt hat. Die Flüchtlinge von Idomeni, alle Menschen, die im Krieg leben, Kinder, die überhaupt nur Krieg kennen. Menschen, die viel zu jung sterben und ihre Familien hinterlassen, Familien, die ihre Kinder begraben mussten zB nach dem Absturz des German-Wings-Flugzeugs vor genau einem Jahr, über den man dieser Tage wieder viel lesen kann... Es kann schon sein, dass es einem hilft, die eigene Panikattacke, Depression, Erschöpfung, Lebenskrise vor diesem Hintergrund zu sehen und sich damit etwas von ihr zu distanzieren.
Dennoch braucht auch das eigene Befinden Zuwendung, auch wenn es nicht mit den Katastrophen der Welt "mithalten" kann. Menschen "dürfen" leiden, wenn Freundschaften zerbrechen, sie verlassen werden, sie "nur" unter leichten Depressionen leiden... Man "darf" leiden, wenn man "nur" eine Fehlgeburt erlitten hat, man "darf" sogar leiden, obwohl man gerade ein Baby bekommen hat! Man "darf" leiden, wenn man durch eine Prüfung fällt, man "darf" unter dem leiden was war und unter der Angst vor dem was sein könnte usw. - Wenn da Schmerz spürbar ist, dann soll er doch auch einmal wahrgenommen werden dürfen. Schließlich zeigt er ja ein Problem an: Jemanden verloren zu haben, mit einer neuen Lebenssituation vorerst nicht zurecht zu kommen, ein angekratztes Selbstwertgefühl zu haben - das tut alles weh.
Karsamstag: "Das hört nie wieder auf."
KlientInnen kommen häufig an ihrem persönlichen "Karsamstag" zu mir. Wenn Angst und Panik eine Unerträglichkeit erreicht haben und sie sich nur mehr daheim verkriechen möchten, wenn sie für sich keine Perspektive mehr sehen, wenn sie aus einer schwierigen Situation gar nicht mehr herauszufinden scheinen, Gefühle sie im Griff haben, Auswege schon zu lange versperrt scheinen, erlittene Schmerzen gar nicht mehr aufzuhören scheinen.
Ostersonntag: "Licht am Ende des Tunnels"
Den Ostersonntag sehe ich aufgehen, wenn ich höre, dass jemand, dessen Ängste ein Hinausgehen verunmöglicht haben, wieder etwas unternimmt. Oder wenn sich jemand mit einer Sozialphobie unter die Leute gewagt hat. Oder jemand in einer vertrackten Situation eine neue Perspektive eingenommen hat und zu neuen Erkenntnissen gekommen ist, wenn jemand, für den "nein" ein ganz schwieriges Wort ist, es sich sagen getraut hat oder jemand, der "alles" nur schwarz sehen konnte, ein paar Graustufen entdeckt hat. Das finde ich immer wieder so schön und freue mich mit.
Auch wenn deswegen nicht gleich das ganze Leben leicht und rosarot wird. Auch wenn manche Menschen sich immer mehr plagen werden müssen, als andere. Denn manchmal wird es einfach nicht ganz gut und neuerliche Tiefs sind sogar wahrscheinlich. Und ab nd zu geht es auch darum, sich mit Verlusten abzufinden, wenn Pläne und Wünsche sich leider nicht erfüllen, und neue Perspektiven für sich selbst zu entdecken.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen immer wieder neue Kraft, neue Perspektiven, Menschen um Sie herum, die Ihnen gut tun und frohe Ostern! :)